Elisabeth Brandau fällt auf in der Radsportwelt. Und das liegt nicht nur an der Teamfarbe Orange oder dem strahlend weißen Trikot, das sie sich als Deutsche Meisterin während der Saison 2019 überstreifen darf. Die Cyclo-Cross- und Mountainbike-Spezialistin aus Schönaich geht konsequent ihren eigenen Weg. Das kann bedeuten, das sie die Nacht vor einem Rennen im Wurfzelt aus dem Supermarkt am Strand schläft. Und das Rennen gewinnt. 2020 steht für die zweifache Mutter ein Highlight an: die Teilnahme an Olympia in Tokio. FAULHABER begleitet sie auf diesem Weg.

Leidenschaft, Motivation, Technik – ohne den richtigen Antrieb geht auch im Radsport nichts. Während Freizeitsportler und Genussradler verstärkt auf E-Bikes setzen, bei denen kompakte, leistungsstarke Antriebe gefragt sind, sind diese für Profis wie Elisabeth Brandau im Rennen tabu. Aber auch die zweifache Deutsche Meisterin im Cyclo-Cross muss für jedes Rennen die perfekte Abstimmung von Technik, Fitness, Talent und Fahrweise finden. „Das eigentliche Fahren macht nur gut ein Drittel aus, der Rest sind Rennplanung, körperliches und mentales Training.“
Als Juniorin war die Schönaicherin erfolgreiche Straßenrennfahrerin, Deutsche Meisterin am Berg und nahm an der Junioren-WM in Kanada teil. Um mehr Zeit für die Ausbildung als Kälteanlagenbauerin, einschließlich des Meistertitels, zu haben, hörte sie auf, fuhr „nur zum Spaß“. Ihr erstes Mountainbike kaufte sie 2006, wurde 2007 Deutsche Hobby-Meisterin im Marathon und 2008 erstmals Deutsche Meisterin bei den Profis und in den Nationalkader berufen. 2012 dann Deutsche Marathon und Deutsche Mountainbike Sprint Meisterin.

2013 gründete sie mit dem Radon Elisabeth Brandau Energie Racing Team (kurz: Radon-EBE-Racing) ihr eigenes Team, für das sie noch heute fährt, trotz anderer Angebote. „Wenn ich vom Kopf her nicht hundertprozentig dahinterstehen kann, dann bringt mir das nix. Daher mache ich es lieber auf eigene Faust.“ So wie bei einem Rennen in Spanien. „Ich hatte ein knappes Budget, wollte es nicht durch die Hotelkosten zusätzlich belasten.“ Im Supermarkt fand sie ein günstiges Wurfzelt, lieh sich eine Decke und übernachtete am Strand eines Campingplatzes. Allüren sind ihr fremd, ihr liegt mehr das Hemdsärmelige, Bodenständige. Das Rennen am nächsten Tag gewann sie. Ich trete bei Rennen gegen Olympia- und WM-Teilnehmerinnen an. Viele wissen gar nicht, dass ich zwei Kinder habe und sind dann total überrascht“, schmunzelt Elisabeth Brandau.
Es sind nur sehr wenige aktive Fahrerinnen auf Elite- Niveau auch Mütter. Ein Trainingslager mit der Nationalmannschaft ist für sie fast schon Erholung. „Einfach mal ein paar Nächte durchschlafen, regenerieren, das ist schon toll.“ Aber im Zweifel verzichtet Elisabeth Brandau auf einen Lehrgang, wenn er bedeuten würde, nach einem Wettkampf sich gleich wieder von der Familie zu verabschieden. Jetzt wo die Kinder in Kita und Kindergarten sind, nimmt sie sich bewusst Zeit und trainiert vormittags. Mittags heißt es dann Kinder abholen, kochen, Haushalt, die nächsten Rennen organisieren, Sponsoren betreuen, Vorträge halten, Leistungstests und vieles mehr.

Klar, dass dann ihr Team Radon-EBE-Racing mehr Eigenverantwortung übernehmen muss. Es besteht aus Topsportlern, Nachwuchssportlern und dem Jedermann- Team und tritt bei nationalen und internationalen Rennen wie Weltcups, Europa- und Weltmeisterschaften an. Das Team war es auch, das die zweifache Mutter überzeugte, nach der Babypause 2017 das Comeback anzugehen. „Ich hatte nach der Geburt meines zweiten Sohnes kaum Berührungspunkte mit dem Radsport. Ohne die Teamtreffen hätte ich wohl aufgehört. Sie brachten mich wieder zurück in den Sattel und mir den Spaß am Sport zurück. Ich habe mir gesagt: du hast zwei Schwangerschaften hinter dir, das schaffst du jetzt auch. Und ich war es meinem Team schuldig.“
Das Jahr ihres Comebacks 2018 wurde das erfolgreichste ihrer Karriere mit zwei Deutschen Meister- Titeln, der Silbermedaille bei der WM mit der Staffel und der Qualifikation für Olympia 2020 in Tokio. Zeitweise arbeitete sie sich von Platz 275 auf bis zu Platz 8 der Weltrangliste vor. Quasi nebenbei bildete sie sich zur Heilpraktikerin weiter.

Auch im Rennen geht Elisabeth Brandau ihren eigenen Weg. So fährt sie beim Weltcup in Albstadt 2018 als Einzige konsequent die B-Linie. „Es war extrem rutschig, alle bis auf eine sind weggerutscht, das wollte ich nicht, lieber verliere ich 4 Sekunden, bleibe aber auf einer sicheren Linie. Ich habe zwei Kinder, die wollen auch am Tag nach dem Rennen auf den Arm genommen werden.“ In Albstadt stand sie zum ersten Mal auf dem Podium eines Weltcups. Ein Ziel, das sie für 2020 wiederholen möchte. Neben einer erfolgreichen Olympia-Teilnahme. Ab 2019 wird Elisabeth Brandau und ihr gesamtes Team im Rahmen eines Sponsorings von FAULHABER unterstützt.

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