Seit einigen Jahren geht die Harmonisierung von Normen in der EU nur schleppend voran. Das bekommen Hersteller von Medizinprodukten derzeit vor allem im Rahmen der EU-Verordnung zu Medizinprodukten (Medical Device Regulation, MDR, (EU) 2017/745) zu spüren. Diese löste zwar 2021 die Richtlinie 93/42/EWG über Medizinprodukte (Medical Device Directive, MDD) ab. Doch zur Verordnung harmonisierte Normen gibt es noch immer kaum.


Dass die EU sich in den letzten Jahren mit der Harmonisierung schwertut, liegt unter anderem an zwei Urteilen europäischer Gerichte: Dem “James-Elliott-Urteil” des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) aus 2016 sowie dem “Global-Garden-Urteil” des Europäischen Gerichts (EuG) von 2017.

Dieser Beitrag:

  • stellt Ihnen die beiden Urteile vor und
  • erläutert, wie sie sich auf die Harmonisierung europäischer Normen auswirken und was das für Hersteller bedeutet.
1. Bedeutung harmonisierter EU-Normen

Mit der Hilfe von Normen können Hersteller von Medizinprodukten nachweisen, dass ihre Produkte die Anforderungen von rechtlichen Regelungen erfüllen. Normen sind Standards, die den Stand der Technik repräsentieren.

Beispiel:

Fordert die MDR ein Qualitätsmanagementsystem, können Hersteller sich an der ISO 13485 orientieren.

Harmonisierte Normen sind von der Europäischen Kommission selbst in Auftrag gegeben worden. Sie sind daher auf europäische Vorschriften abgestimmt und von den öffentlichen Stellen anerkannt.

Die EU-Verordnung 1025/2012 (Normungsverordnung) definiert den Begriff harmonisierte Norm als

eine europäische Norm, die auf der Grundlage eines Auftrags der Kommission zur Durchführung von Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union angenommen wurde

Art. 2 Abs. 1 c) Normungsverordnung

Stützen sich Hersteller auf harmonisierte Normen, besteht eine “Vermutungswirkung” für die Konformität mit den Rechtsvorschriften, zu denen sie harmonisiert sind.

Die jeweils mit einer bestimmten EU-Regelung harmonisierten Normen werden im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht.

Beispiel:

  • Erste Normen, die mit der MDR harmonisiert sind, hat die EU am 16. Juli 2021 veröffentlicht.
  • Dazu gehört beispielsweise EN ISO 10993-23:2021 – Biologische Beurteilung von Medizinprodukten – Teil 23: Prüfungen auf Irritation (ISO 10993-23:2021).
2. Langsame Harmonisierung und die Gründe dafür a) Aktuelle Situation

In den vergangenen Jahren veröffentlichte die Kommission jedoch immer seltener harmonisierte Normen. Dies bekommen Hersteller von Medizinprodukten vor allem im Zusammenhang mit der neuen MDR sowie der EU-Verordnung 2017/746 über In-vitro-Diagnostika (IVDR) zu spüren. Seit 2021 gilt die MDR verbindlich, die IVDR soll ab 2022 gelten.

Zu beiden Verordnungen sind Stand Oktober 2021 fast ausschließlich Normen betreffend die Sterilisation von Produkten sowie die Biokompatibilität harmonisiert.

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