Risikomanagement live: Europäische Behörden und ihr Umgang mit Covid-Antigen-Schnelltest

Risikomanagement ist zunächst eine zentrale Aufgabe der Medizinprodukte-Hersteller. Zugleich ist es eine, mit dem viele noch fremdeln. Das Potential dieses mächtigen Werkzeugs wird oft verkannt. Denn das Herzstück des Risikomanagements, die Risikoanalyse mit ihren irritierenden Begrifflichkeiten, ist manchem ein Buch mit sieben Siegeln.

Nun hat die Pandemie in diesem Fall etwas Gutes: Man kann Risikomanagement in voller Aktion erleben!

Das lässt sich wunderbar am Beispiel der Corona-Antigen-Schnelltests zeigen, deren Zuverlässigkeit Anfang 2022 in den Medien Anlass zur Sorge gaben. Man war auf Laboruntersuchungen aufmerksam geworden, die für einige Corona-Schnelltests ein mangelhaftes Zeugnis ausstellten! Zweifel an der Kompetenz der zuständigen Behörden wurden geäußert. Außerhalb der medialen Spotlights, in Kenntnis des Medizinprodukte-Ökosystems und der vor 2020 oft recht behäbig wirkenden EU-Administra­tion, ergibt sich allerdings ein anderes Bild der europäischen Behörden: Nämlich das einer durchaus gelungenen Mischung aus risikobasiertem Handeln und beständiger Adaption an den wissenschaftlichen Erkenntniszuwachs. Mit anderen Worten: Aktives Risikomanagement.

Die Ausgangssituation

Anfang 2021 wurden zunächst alle Tests, die ein halbwegs belastbares Ergebnis inmitten des Corona-Hochs versprachen, zur Vermarktung zugelassen. Dazu mussten sie grundlegende Vorgaben erfüllen und einige In vitro-Prüfungen bestehen. Natürlich fanden sich darunter auch schwarze Schafe, die sich den einfachen Marktzugang zu Nutze machten.

Risikoanalyse und Risikobewertung

Die Behörden waren sich der Gefahr dysfunktionaler Schnelltests („Leistungsbezogene Gefährdung“) bewusst. Bei der Abwägung von Nutzen und Risiko schlug das Pendel zu dieser Zeit aber eindeutig zum gesellschaftlichen Nutzen aus: Bei hohen Coronazahlen und Mangel an Impfstoff („Ereignisse und Umstände“) war ein gewisser Prozentsatz von Fehlergebnissen („Gefährdungssituation“) eher zu akzeptieren als gar keine Tests wegen zu hoher Registrierungshürden. Dadurch konnten Corona-Fälle unerkannt bleiben („Potenzieller Schaden A“) oder falschpositive Ergebnisse zu ungerechtfertigter Quarantänisierung führen („Potentieller Schaden B“), beides aber in erwartbar geringem Maße („Wahrscheinlichkeit“). Insgesamt arbeiteten die meisten Tests korrekt. Um Schäden und Auftretenswahrscheinlichkeit durch Fehldiagnosen zu verringern („vernünftigerweise praktikable Risikominimierung“), wurde zeitgleich begonnen, die Tests auf ihre Fähigkeit zu prüfen („risikosenkende Maßnahme“), das Corona-Virus nachweislich zuverlässig und korrekt zu erkennen („Verifizierung der Maßnahme“). Die Elimination schwarzer Schaf

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