Schock für Hersteller von stofflichen Medizinprodukten

Lang ersehnt, weitreichend befürchtet und fassungslos empfangen:

Das neu veröffentlichte MDCG Dokument 2022-05 stellt Medizinprodukte-Hersteller von stofflichen Medizinprodukten vor bereits vermutete und doch mindestens beträchtliche Herausforderungen.

Hat die Medical Device Regulation (MDR) 2017 mit der offiziellen Benennung von „Stoffen und Kombinationen von Stoffen“ diese Art von Medizinprodukte noch als solche unterstützt und damit legitimiert, werden diese nun fünf Jahre nach deren Inkrafttreten mittels EU-Leitlinie der Medical Device Coordination Group vor nennenswerte Hürden gestellt. Der Leitfaden zur Abgrenzung zwischen Medizinprodukten und Arzneimitteln ( Guidance on borderline between medical device and medicinal products under Regulation (EU) 2017/745 on medical devices ) zielt darauf ab, sogenannte Borderline-Produkte entsprechend rechtlichen Vorgaben der Verordnung für Medizinprodukte  als auch der Richtlinie für Arzneimittel (Medicinal Product Directive, MPD) korrekt zu kategorisieren. Diese eher fragliche Hilfe zur Auslegung und Durchsetzung der genannten Rechtsbereiche bedeutet ein Umdenken in der Medizinprodukte-Branche und stellt viele Hersteller vor durchaus geschäftsbedrohende, strategische Entscheidungen.

Mehrfach wird darauf hingewiesen, dass die vom Produkt hauptsächliche Wirkweise unter Berücksichtigung der wissenschaftlichen Datenlage zum Stand der Technik maßgeblich für die Klassifizierung sei. Die Absicht des Herstellers hinsichtlich der Wirkung von Substanzen als auch die Art und Weise der Verabreichung oder die Verfügbarkeit und Einwirkung auf den Körper sind als irrelevant für die Entscheidung der Zuordnung einer Substanz als Arzneimittel oder Medizinprodukt bestimmt worden. Dennoch bleibt der Grundsatz der MDR enthalten: Die bestimmungsgemäße Hauptwirkung legt den Grundstein für die Entscheidung, ob es sich um ein Medizinprodukt oder Arzneimittel handelt.

Entsprechend der nachfolgenden Abbildung sind drei Aspekte zu definieren:

Der spezifische medizinische Zweck wird vom Hersteller aus den in Artikel 2 Absatz 1 der MDR aufgeführten Punkten festgelegt.

Die bestimmungsgemäße Hauptwirkung eines Medizinprodukts wird in der Kennzeichnung und in den Aussagen des Herstellers beschrieben und muss von Fall zu Fall auf dem neusten Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse über die Hauptwirkweise beruhen.

Die Hauptwirkweise ist das Prinzip, mit dem das Produkt seine beabsichtigte Hauptwirkung erzielt, d.h. pharmakologisch, immunologisch, metabolisch, physikalisch oder anders. Sie ist objektiv und muss auf dem neusten Stand der Wissenschaft sein.

Flussdiagramm zur Feststellung, ob ein Produkt die Definition eines Medizinprodukts erfüllt (Quelle: MDCG 2022-05)

Ist die wissenschaftlich fundierte, grundsätzliche Hauptwirkweise zur Erlangung der hauptsächlich beabsichtigten Wirkung nicht pharmakologisch, immunologisch oder metabolisch, handelt es sich übergeordnet um ein Medizinprodukt. Immerhin wird mit Hinweis 3 klargestellt, dass lediglich die Hauptwirkweise in Verbindung mit der bestimmungsgemäßen Hauptwirkung berücksichtigt werden muss.

Darüber hinaus wurde nicht versäumt, eben diese Wirkweisen im vorliegenden Dokument neu bzw. genauer zu definieren.

Unter „pharmakologischem Prinzip“ versteht man eine typischerweise auf molekularer Ebene stattfindende Wechselwirkung zwischen einer Substanz oder ihren Metaboliten und einem Bestandteil des menschlichen Körpers, die zu einer Auslösung, Verstärkung, Verringeru

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