Bestechung und Bestechlichkeit

(01/2021) von Dr. Christian Corell, Klinikum der Stadt Ludwigshafen am Rhein gGmbH

Die Korruptionstatbestände der §§ 299a und 299b StGB stellen viele Fälle unter Strafe, in denen ein Angehöriger eines Heilberufs ökonomische Interessen dem Patienteninteresse vorzieht. Die Korruption im Gesundheitswesen hat jedoch viele Gesichter. Der folgende Beitrag soll einen Überblick über typische Sachverhalte in der Praxis bieten.

Korruption im Gesundheitswesen ist seit vielen Jahren in aller Munde. Sie hat insbesondere mit dem „Gesetz zur Bekämpfung von Korruption im Gesundheitswesen“ vom 4.6.2016 als Reaktion auf das ablehnende Urteil des Bundesgerichtshofs (BGH) zur Strafbarkeit von Vertragsärzten wegen Korruptionsdelikten vom 29.3.2012 zu zahlreichen Publikationen und Bearbeitungen geführt. Zur Überraschung juristischer Laien bleiben jedoch angestellte oder verbeam­tete Ärzte sowie andere abhängig Beschäf­tigte im Gesundheitswesen nicht außen vor. Vielmehr sind für sie nach wie vor die teilweise sogar strengeren §§ 331 ff. StGB für Amtsträgerkorruption sowie die Tatbestände des § 299 StGB mit den Begehungsmöglichkeiten zum Nachteil des fairen Wettbewerbs oder mittlerweile der Interessen des Geschäftsherren maßgeblich. Als spezielle Ergänzung treten die neuen §§ 299a und 299b StGB als Strafnormen für das Gesundheitswesen hinzu, wobei im Wesentlichen besonders wichtige berufs- und sozialrechtliche Gebote und Wertungen zum Schutz eines fairen Gesundheitswettbewerbs und zumindest mittelbar des Patientenvertrauens in unabhängige Heilberufsausübung aus dem SGB V, der MBO-Ä und der MBO-Z strafrechtlich erfasst werden.

Sehr strenge Kodizes
Erfahrungsgemäß stellen sich gerade den als Nichtjuristen betroffenen Beschäftigten im Gesundheitswesen sehr viel konkretere Fallfragen. Wertvolle Hilfen hierzu liefern Branchen- sowie Verbandskodizes, -leitlinien und -empfehlungen, aus denen sich deutlich kleinteiligere Hinweise und Beispiele entnehmen lassen. Jedoch sind diese Werke regelmäßig deut­lich strenger als die (straf-)rechtlichen An­forde­run­gen; es geht nämlich auch darum, den bereits schwer aushaltbaren straf­recht­lichen Ermittlungsdruck zu vermeiden. Dieser Beitrag versucht durch eine Zusammenstellung aus Themengruppen, Schulungsfallbeispielen, praktischen Erfahrungen und einer Fallsammlungsauswertung einige Antworten zu geben, zu sensibilisieren und Wissenslücken zu schließen, um die tatbestandlich vorausgesetzte Verknüpfung von Unrechtsvereinbarung als unlautere Bevorzugung im Gesundheitswettbewerb gegen Vorteilszuwendung zu veranschaulichen.

Sozialadäquate Zuwendungen
Für die Praxis ist hierbei die sogenannte Sozialadäquanz als wertvolles Indiz gegen eine Unrechtsvereinbarung sehr wichtig. Sozialadäquate Zuwendungen sind Vorteilsgewährungen so geringen Umfangs im Rahmen allgemeiner Höflichkeitsregeln oder der Verkehrssitte, dass sie zu Wettbewerbsbeeinträchtigungen als ungeeignet gelten.

Top-Korruptionsthemen
Nachfolgend finden sich einige Top-Korruptionsthemengruppen, die sich als Einfallstore vor allem für Korruption im Gesundheitswesen, aber auch im geschäftlichen Verkehr oder bei Korruption von Amtsträgern und damit als Anlässe für strafrechtliche Ermittlungen herausgestellt haben. Es werden den einzelnen Bereichen möglichst praxistypische Fallkonstellationen zugeordnet. Überschnei­dungen und Grenzfälle sind dabei zwar unvermeidlich, aber unschädlich; Vollständigkeit ist leider nicht möglich.

Auftragsvergaben sowie Beschaffungen von Medizinprodukten
Bei Auftragsvergaben und Beschaffungsentscheidungen kann jedes wirtschaftlich auffällige Ungleichgewicht einer Vereinbarung Vermutungen über verdeckte Begleitinteressen und damit Ermittlungs­risiken auslösen. So sind Vergünstigungen oder Arzneimittel, Hilfsmittel oder Medizinprodukte und sonstige Geräte oder Produkte für den Praxis- oder Krankenhausbedarf als Zugaben gegen Bevorzugungen bei Einkaufsentscheidungen über andere Beschaffungsobjekte korruptionsstrafrechtlich erfasst, wenn der Entscheider Amtsträger oder Angestellter oder Beauftragter eines geschäftlichen Betriebes ist. Auch Umsatzbeteiligungen an Arzneimittel- oder Medizinprodukteherstellern sind innerhalb geschäftlicher Beziehungen problematisch, denn die Abgrenzung erfolgt anhand der tatsächlichen Spürbarkeit des Einflusses der Beschaffung auf den individuellen Erlös. Erlaubt sind somit Kapitalbeteiligungen mit allgemeiner Gewinnausschüttung inklusive reiner Umsatzerwartung.

Einladungen, Bewirtungen, Werksbesi

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