Kampf den Lieferengpässen

(02/2021) Elf Mal in Folge hat der Beschaffungskongress der Krankenhäuser alljährlich im Dezember für Einkäufer aus Kliniken und Lieferanten seinen festen Platz im Kalender gehabt. Aus der Corona-Not machte die veranstaltende Wegweiser Media & Conferences GmbH eine Tugend: Statt einer Präsenzveranstaltung gab es Anfang Dezember den „1. Beschaffungskongress der Krankenhäuser digital“. Mit rund 300 angemeldeten Teilnehmern vor allem aus dem Klinikbereich hat er als Premiere und Fortsetzung ein gutes Echo gefunden. Im Mittelpunkt standen die Erkenntnisse, Herausforderungen und Lehren aus der Beschaffungskrise in der ersten und zweiten Welle der Pandemie. Kliniken und Lieferanten rücken zudem enger zusammen.

Wenn man Klinikeinkäufer fragen würde, was für sie das Unwort des Jahres 2020 war, könnte „Lieferengpass“ ganz weit oben landen. Prof. Dr. Dr. Wilfried von Eiff vom Centrum für Krankenhaus Management (CKM) der Uni Müns­ter stellte beim Eröffnungsplenum klar: „Lieferengpässe, die schon in diversen Bereichen vorhanden waren, wurden im Krankenhauseinkauf durch Corona noch verstärkt.“ Waren es anfangs vor allem Masken, persönliche Schutzausrüstung und Beatmungsgeräte plus Zubehör, sind es seit Herbst/Winter vor allem Handschuhe.

Rahmen für Versorgungssicherheit
Als Konstante zogen sich die Engpässe bei diversen Medikamenten durch. Beim Kongress wurden deshalb auch Forderungen an die Politik laut, nicht immer nur zu reparieren, sondern Rahmenbedingungen zu schaffen, um Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Dr. Klaus von Dohnanyi, Moderator und Beirat von Weg­weiser, zeigte sich denn auch als Politiker angesprochen und sagte den Einkäufern und Klinikvertretern Unterstützung zu. Die Politik sollte auch den in der zweiten Welle noch offensichtlicher gewordenen Fachkräftemangel in Pflege und Medi­zin adressieren, wurde gefordert: „Was nützen die besten Beatmungsgeräte, wenn keine Intensivpflegekräfte da sind, die diese bedienen können?!“ Deshalb be­nötige man attraktivere Arbeitsbedingun­gen für die medizinischen Fachkräfte.

Folgen des Lopez-Effekts
Prof. von Eiff nannte einige Beispiele für andauernde Engpässe, wie z. B. OP-Sets, Katheter oder Mittel wie Propofol und diver­se Medikamente. Verantwortlich machte er dafür den sog. Lopez-Effekt, benannt nach dem früheren Chefeinkäufer von Volkswagen. Dieser drückte bei den Zulieferern immer mehr die Preise, sodass diese schließlich Abstriche an der Produktqualität machen mussten. Und der deutsche Medizinprodukte-Markt gelte als Niedrigpreismarkt. Deshalb verwundert es auch nicht, so von Eiff, dass Hersteller bei der Lieferung eher Märkte mit höheren Margen be­rücksichtigen als den deutschen Markt. Und schon ist der Lieferengpass in Deutschland da. Die Krise habe aber gezeigt, dass auch in Europa offene Prozess­ketten wichtig seien.Preisverfall und globaler Einkauf führten allerdings auch dazu, dass die internationalen Lieferketten immer länger werden: Nachdem auch in China die Lohnkosten gestiegen sind, kaufen die chinesischen Firmen ihre Bestandteile, Zulieferprodukte oder komplette Produkte in Billiglohnländern wie Kambodscha oder Vietnam ein. Diese verlängerten Werkbänke kenne allerdings der deutsche Lieferant nicht mehr. Dabei werde das Lieferantengeflecht international immer störanfälliger: „Wenn einer ausfällt, kann die Lieferkette abbrechen.“ Inzwischen hätten sich auch die Preise für Luftfracht oder Schiffscontainer vervielfacht und Kapazitäten seien teilweise überbucht.

Problem: Konsolidierung auf Herstellerseite
Eine weitere Folge dieser Entwicklung sei der Rückzug einzelner „Spieler“ vom Gesundheitsmarkt. Der Trend gehe dann in einigen Produktsektoren zu Monopolen oder Duopolen. Fusionen und Übernahmen verstärken den Trend zur Konsolidierung auf Herstellerseite. Diese wiederum müssten aus Wettbewerbsgründen die teure Vorhaltung von Produktionskapazitäten begrenzen. Bei massiven Nachfragesteigerungen werde dies zu einem Flaschenhals, der Lieferengpässe verstärke. Und wegen Preisunsicherheiten investierten die Hersteller häufig nicht in weitere Produktionskapazitäten. Unsicherheitsfaktoren für den Medizinproduktemarkt seien zu­dem die MDR, die „stark frequentierten“ Benannten Stellen für Produktzulassung sowie die Unwägbarkeiten des Brexit.

Wie Kliniken reagierten
Vor dem Hintergrund der Pandemie hatte Wegweiser zusammen mit dem CKM im Auftrag

zum Originalartikel