Welche MDR-Abweichungen  setzt das MPAnpG-EU um?

(12/2019) Am 26. Mai 2020 tritt die EU-Verordnung 2017/745 über Medizinprodukte in Kraft. Daher müssen auf nationaler Ebene Gesetzesanpassungen erfolgen. Zum gleichen Zeitpunkt tritt auch die EU-Verordnung 2017/746 über In-vitro-Diagnostika in Kraft. Hierfür werden Vorfestlegungen getroffen, die allerdings erst 2022 gültig werden.

Das MPAnpG-EU übernimmt im Wesentlichen die EU-weit gültigen Vorgaben der EU-Verordnungen in deutsches Recht. Hauptsächlich werden das bestehende Medizinprodukte-Gesetz (MPG) und Tatbestände aus weiteren schon bestehenden Regelwerken zu Medizinprodukten wie die Medizinprodukte-Sicherheitsverordnung (MPSV) in ein Gesetz zur Durchführung unionsrechtlicher Vorschriften betreffend Medizinprodukte – Medizinprodukte-Durchführungsgesetz (MDG) überführt. Zusätzlich werden mit diesem Gesetz Regelungen aus dem Übereinkommen des Europarates über die Fälschung von Arzneimittelprodukten und ähnlichen Verbrechen, die eine Bedrohung der öffentlichen Gesundheit darstellen (Medcrime-Konvention), umgesetzt. Eine für Deutschland wesentliche Änderung ist die durch die EU-Verordnung implizit vorgegebene Umgestaltung der Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern insbesondere bei der Anordnung und Umsetzung von Maßnahmen bei auffälliger Risikobewertung durch eine „zentrale“ Stelle. Auch bei der Absprache mit entsprechenden Institutionen anderer EU-Länder oder bei fehlerhaften oder betrügerischen Anträgen bekommt diese zentrale Stelle eine bedeutende Rolle. Die Europäische Datenbank für Medizinprodukte (Eudamed) wird im Zuge der EU-Verordnungen zur Informationsdatenbank und Austauschplattform für alle EU-Länder. Die Kompetenz der zuständigen Bundesoberbehörde in Deutschland, das Bun­desinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM), wird deutlich erweitert und gestärkt. Bisher hat das BfArM lediglich die Aufgabe der Risikobewertung und gibt Empfehlungen an die zuständigen Behörden auf Länderebene, die über einen Vollzug von Maßnahmen entscheiden. Nunmehr bekommt es die Aufgabe, selber entsprechend der Risikobewertung notwendige Maßnahmen festzulegen, um­zusetzen und diese zu überwachen. Zum sogenannten nationalen Gestaltungsspiel­raum, den die EU-Verordnungen zulassen, zählen u. a. detaillierte Vorgaben zu Verfahrensweisen des BfArM und einer einzurichtenden Ethikkommission, die neben der Sicherheitsbewertung des BfArM eine eigene Bewertung im Rahmen der Produktprüfung und -einführung vor­nehmen muss.Auch Regelungen zu klinischen Studien mit Medizinprodukten im Rahmen rein wissenschaftlicher Studien ohne unmittelbaren Bezug zu Produkteinführung und -überwachung, die nicht primär unter die EU-Verordnung fallen, werden festgelegt. Weitere Beispiele sind die Festlegung der Sprachen, in denen Unterlagen in Deutsch­land einzureichen sind, und die Qualifikation der Leiter bzw. Hauptprüfer der klinischen Studien. Das Gesetz bevollmächtigt das Bundesminis­terium für Gesundheit (BMG) zu mehreren Verordnungen, wenn es z. B. um detailliertere Vorgaben geht, wer Zugang zu den nationalen Datenbanken haben kann oder wer die künftigen produktidentifizierenden Informationen („Unique Device Identification“, UDI) erhält. Das BMG wird auch ermächtigt, spezielle auf die Nutzung von Software als Medizinprodukt (z. B. Medical Apps) zugeschnittene Rege­lungen zu erlassen. Der Überwachung durch die zuständigen Behörden, zumeist auf Länderebene, unterliegen: Betriebe und Einrichtungen, in denen Produkte hergestellt, klinisch geprüft, einer Leistungsstudie unterzogen, angepasst, verpackt, ausgestellt, in den Verkehr gebracht, auf dem Markt bereitgestellt, errichtet, betrieben, angewendet, aufbereitet werden, oder Produkte, die bestimmungsgemäß keimarm oder steril zur Anwendung kommen. Quelle: AOK Medienservice

Die MDR-Sorgen der Tuttlinger Kleinbetriebe
Neben großen Unternehmen wie Karl Storz und Aesculap ist Tuttlingen als „Weltzentrum der Medizintechnik“ vor allem durch kleine Handwerksbetriebe geprägt. Diese stehen durch die EU- Medizinprodukte-Verordnung existen­ziell unter Druck. Davon machte sich Gabriele Reich-Gutjahr, wirtschaftspolitische Sprecherin der baden-württembergischen FDP-Landtagsfraktion, bei einem Besuch ein Bild. Als Beispiel für so einen kleinen, aber innovativen Betrieb mit weniger als zehn Mitarbeitern steht die Manfred Hilzinger Chirurgische Instrumente e. K. „Uns feh­len die Ressourcen, die umfangreichen Vorgaben allein umsetzen zu können“, erläuterte Geschäftsführer Detlef Schölzel. Externes Know-how müsse teuer eingekauft werden. Das ohnehin knappe Personal beschäftige sich immer mehr mit der Dokumentation, während Entwicklung und Herstellung, somit also die Lebensgrundlage der Firma, ins Hintertreffen gerieten. Thomas Volzer von der Landesinnung Chirurgiemechanik sieht die Lage noch dramatischer: „Nicht wenige denken ans Aufhören.“ Dass damit handwerkliches Know-how und Erfindergeist, aber auch bewährte Lieferketten verlo

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