Fridingen – “Fürchte dich nicht vor Veränderung, sondern vor Stillstand.” Diesen Leitspruch haben sich Daniela und Hans-Josef Herrmann zu eigen gemacht. Sie schreiten voran und übergeben peu à peu die Geschäftsführung der Hermann Medizintechnik GmbH in Fridingen (Landkreis Tuttlingen) an die dritte Generation – die passenderweise zu dritt die Geschicke lenken wird.

Sie verstehen sich als ein “familiengeführtes und -orientiertes Unternehmen”. Gleichwohl: Die Geschwister Daniela und Hans-Josef Herrmann sehen es als nicht selbstverständlich an, dass das Erbe ihres Vaters und Firmengründers tatsächlich auch von der Familie weitergeführt wird. Eine Gemengelage aus branchenspezifischen und allgemeinwirtschaftlichen Herausforderungen gilt es zu bewältigen. Doch die Unternehmensführer in spe sind vorbereitet und motiviert. Davon überzeugten sich jüngst Julia Steckeler, Geschäftsführerin der MedicalMountains GmbH, und Maria-Lena Weiss, CDU-Bundestagsabgeordnete für den Wahlkreis Rottweil/Tuttlingen, bei einem gemeinsamen Firmenbesuch.

Interessen und Stärken ergänzen sich

Florian Hermann (35 Jahre) hat BWL-International Business an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg studiert und über ein Jahrzehnt hinweg Erfahrungen im Unternehmen gesammelt. Er widmet sich vornehmlich der kaufmännischen Seite und rückt im Laufe dieses Jahres als erster in die Geschäftsführung auf. Frederik Hermann (27) absolvierte ein Medizintechnik-Studium mit dem Schwerpunkt “Angewandte Materialwissenschaften” und ist seit rund eineinhalb Jahren Prozessmanager. Konstantin Hermann (23) ist gelernter Werkzeugmechaniker und hat bereits die Meisterprüfung bestanden. Er sieht seinen Schwerpunkt in der Produktion, zumal das Unternehmen die komplette Fertigungstiefe im eigenen Haus vereint hat. “Durch die verschiedenen Ausbildungen ergänzen wir uns sehr gut”, erklärten die drei. Doch abgesprochen sei das nicht gewesen; vielmehr ist jeder seinen Stärken und Interessen gefolgt.

3,5 Millionen Euro in die Zukunft investiert

Die Weichen sind auch an anderer Stelle in Richtung Zukunft gestellt worden. So steht im Herbst das MDR-Audit an. Mehr als 25.000 Produkte, vornehmlich chirurgische Instrumente und Implantate umfasst das Portfolio von Hermann Medizintechnik. In den vergangenen Jahren ist jedoch nicht nur in Akten investiert worden. Rund 3,5 Millionen Euro sind in die Hand genommen worden, um innerhalb des Unternehmens Innovationen voranzubringen. Dazu zählen optimierte Arbeitsplätze ebenso wie hochqualitative Fertigungsanlagen und Automatisierungslösungen. Zum Beispiel ermöglichen Schleifroboter eine effizientere Nachbearbeitung. Ebenso ist eine Photovoltaik-Anlage angebracht worden. Die Energie und ihre Kosten, sie sind auch hier ein großes Thema. “Irgendwie muss das Geld dafür erwirtschaftet werden”, verdeutlichte Hans-Josef Herrmann, dass die derzeitigen Rahmenbedingungen keineswegs fördernd, sondern belastend seien – allemal im ländlichen Raum, wo etwa für einen vernünftigen Glasfaser-Ausbau selbst in die Tasche gegriffen werden müsse. Für Maria-Lena Weiss ergaben sich so einige neue Eindrücke: “Es ist wichtig, in den direkten Dialog zu gehen und sich selbst ein Bild zu machen”, sagte sie. “Genau das ist unser Anliegen”, ergänzte Julia Steckeler, “den kleineren Medizintechnik-Mittelstand mehr in den Fokus der Politik zu rücken. Und das geht am besten, wenn man vor Ort miteinander spricht.”

Und wie sehen Daniela und Hans-Josef Herrmann ihre künftige Rolle im Unternehmen? Sie werden sich sukzessive zurückziehen, aber als “Back-up” und Feedback-Geber weiter zur Verfügung stehen. Damit jene Erfahrungswerte einfließen, die während und nach dem Übergang wichtig und willkommen sind. Kontinuität auf der einen Seite – Weiterentwicklung auf der anderen. Die EU sei zwar für Innovationen zunehmend unattraktiv geworden, bedauerte Florian Hermann. “Aber man hat am laufenden Band Ideen”, machte Frederik Hermann deutlich, dass das kommende Dreigestirn Stillstand nicht fürchten wird.

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